Therapeutisches Konzept der Hypnotherapie

Hypnose und Hypnotherapie

Die Konzeptbasis ist das so genannte lösungs- und kompetenzorientierte Kurzzeitpsychotherapiemodell nach Milton H. Erickson und die verwandten Ansätze von Prof. Dr. Paul Watzlawick, Palo Alto, USA; Prof. DDr. Helm Stierlin, Heidelberg, BRD, Dr. Steve de Shazer, Milwaukee, USA und Dr. Gunther Schmidt, Heidelberg.
Diese Modelle sind schon seit annähernd 30 Jahren in der klinischen Praxis und in klinisch ambulanten Behandlungsinstitutionen, in Deutschland, Österreich und USA, bewährt.
Es geht in erster Linie darum, die intrapsychischen und interaktionellen Prozesse zu identifizieren und zu aktivieren, welche den KlientInnen und ihren BeziehungspartnerInnen helfen, in ihrem Alltag in Zukunft auf selbstdestruktive Lösungsversuche zu verzichten und ein gesundheitsförderliches Handeln vorzuziehen.

Dies bezieht sich auf Interventionen für:

- das internale Bewusstseinssystem des Individuums
- das interaktionelle Beziehungssystem d. psychosomatisch Kranken (z. B. Familie,
Arbeitsplatz...)
- das Therapiesystem (Arzt - Therapeut - Klient - Familie etc.)
- das Organisationssystem der Therapie (Stationär - Ambulant - freie Praxis)
- das mögliche Selbsthilfesystem

Problemhypnotische Prozesse

Die Erkenntnisse der Bewusstseinsforschung und der Psychoneuroimmunologie zeigen, dass alles Bewusstsein, emotionales Erleben und Verhalten Ausdruck und Ergebnis von Aufmerksamkeitsfokusierung ist, auf willkürlicher und unwillkürlicher, auf bewusster und auf unbewusster Ebene. Je nachdem, auf welche sinnlichen Gehalte (Phantasien, Erinnerungsbilder, innere Dialoge, Körperkoordination etc.) ein Mensch seine Aufmerksamkeit richtet, bewirkt dies psychophysiologisch gesunde oder krankheitsförderliche Prozesse.
Die kompetenzorientierte moderne Hypnotherapie (besonders die Konzepte nach Milton H. Erickson) bietet ein systematisches Konzept für die Analyse und gesundheitsförderliche Nutzung solcher Prozesse. Psychische und psychosomatische Probleme werden mit ihr verstehbar und behandelbar als unbewusste selbsthypnotische Prozesse. Mit ihren gewohnten Wertsystemen, Werthaltungen und Verhaltensmustern „hypnotisieren“ (im Sinne von Aufmerksamkeitsfokusierung) sich Menschen in die Probleme. Kann jemand seine Aufmerksamkeitsfokusierung umgestalten, bewirkt dies eine intensive und stabile Verbesserung seines Befindens.

Durch die kompetenzorientierte Hypnotherapie in meiner Arbeit wird es ermöglicht, in meist kurzer Zeit effektiv gesundheitsförderliche Aufmerksamkeitsprozesse auf Dauer zu stabilisieren.
Zu Beginn der Behandlung stehen üblicherweise bei den KlientInnen ganz im Vordergrund ihrer Wahrnehmung (sofern sie Problembewusstsein zeigen) ihr Leid und eventuell auch Aspekte von sehr belastenden, mit vielen Defiziterfahrungen verknüpften Erlebnissen in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Dies ist und bleibt ein sehr wichtiger Teil ihrer Identität, der in meiner Kooperation mit KlientInnen gewürdigt und in empathischer Weise berücksichtigt wird. Die Fokusierung auf diesen problematischen Bereich ihres Lebens ist aber während der Zeit des Krankheitserlebens meist so einseitig und so stark ausgeprägt, dass ihnen der Blick für hilfreiche Muster verstellt wird. Das wiederum trägt bei zu psychischen und interaktionellen Prozessen, welche gerade den Krankheitsprozess stabilisieren oder verstärken. Die Analyse dieser Prozesse macht deutlich, dass auf unwillkürlicher, unbewusster Ebene sich die KlientInnen ungewollt selbstsuggestiv in die Krankheitsmuster „hineinhypnotisieren“ (problemhypnotischer psychophysiologischer Zustand). Auch die damit verknüpften Interaktionsbeiträge ihrer Beziehungspartner tragen oft ungewollt zu diesen „problemhypnotischen“ Abläufen bei.
Die Erfahrungen mit dem Konzept nach Milton H. Erickson zeigen aber, das selbst dann, wenn die KlientInnen sich als Ausdruck dieser Defizitfokusierung massiv gestört und inkompetent zeigen, sie praktisch immer dennoch alle wesentlichen Kompetenzmuster in ihrem Erfahrungsbereich aufweisen (allerdings zunächst meist unbewusst).
Als ethische Pflicht in meiner Arbeit sehe ich es deshalb an: Alle meine Angebote darauf abzustimmen, dass die gemeinsame Aufmerksamkeit in der Therapie konsequent gerichtet wird auf die Wiederentdeckung und Aktivierung dieser hilfreichen Kompetenzmuster im Schatz der Lebenserfahrung der KlientInnen. Dadurch werden die für die Gesundung hilfreichen Muster im Bereich der Kognition, Emotion und des Verhaltens auf willkürlicher und unwillkürlicher Ebene bewusstseinsnah und psychophysiologisch wirksam. Ein besonders wichtiger Teil meiner Arbeit ist daher, mit den KlientInnen in detaillierter und sinnlich sehr konkreter Weise die hilfreichen Zielvisionen zu erarbeiten. Die Erfahrung zeigte, daß eine einseitige Konzentration auf die Reaktivierung hilfreicher Kompetenzmuster bei den KlientInnen alleine nicht ausreichen. Würde man sich nur einseitig auf Entwicklung von Lösungskompetenzen konzentrieren, aber nicht würdigen und für die Zielgestaltung beachten, welche Probleme die KlientInnen unbewusst befürchten, wenn sie ihre Kompetenzen und neuen Überzeugungshaltungen nutzen würden, würde gerade eine schnelle einseitige Entfaltung der Ressourcen in ihren gewohnten Beziehungen sie wieder in intensive Konflikte bringen können. Für die Therapie ist daraus zu folgern, daß auch die Problemmuster, sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell, unbedingt systematisch analysiert und Überzeugungshaltungen hinsichtlich ihrer Umweltkonsequenzen überprüft werden müssen. Die Betrachtung der Problemmuster muß also dazu führen, daß den KlientInnen verständlich wird, daß es kein Versagen war, die vorhandenen Kompetenzen nicht ausreichend genug zu nutzen, sondern ein anerkennnenswerter und verzweifelter, unbewußter Lösungsversuch in sehr schwierigen existentiellen Situationen.

Weiters müssen die Problemmuster dafür genutzt werden, eine passende differenzierte Zielgestaltung mit den KlientInnen zu erarbeiten. Dies bedeutet meist eine konstruktive Balance dafür zu finden, das eigene Wohlergehen zu fördern und auf gesunde Weise den Loyalitäten (Familie, Arbeit ...) gerecht zu werden, denen sich die KlientInnen als identitätsstiftender Akt zuordnen. Eine Therapie, die darauf ausgerichtet ist, nur einseitig das individuelle Wohl der KlientInnen zu fördern, scheitert nach meinen Erfahrungen.
Die Fachkompetenz des Therapeuten steht demnach zur Verfügung, um a) die KlientInnen dabei zu unterstützen, dass sie die optimalen zieldienlichen Schritte für ihre eigenen stimmigen Problemlösungen definieren und entwickeln können und b) diese Zielvisionen mit den KlientInnen zusammen auf soziale Angemessenheit und Kompatibilität mit den Anforderungen ihrer Lebenskontexte so abzustimmen, dass sie einer gesunden und konstruktiven Entwicklung (persönlich und interaktionell) dienen.
Dafür nutze ich neben dem Therapiegespräch und den spezifischen Imaginationen, selbst- und fremdhypnotischen Konzepte und in besonderer Weise auch den Humor mit spezieller Fokusierung auf Lösungsmuster. Die Form der Gruppensitzung bewährte sich erst, nachdem in Einzelsitzungen der Bedarf danach entsteht und der KlientIn vorbereitend dahingehend angeregt wurde, daß die relevanten Beiträge der KlientInnen in der Gruppe gemacht werden können und sie dabei ihre spezifischen Bedürfnisse beachten können.

Die Grenzen der Hypnotherapie liegen in der:

  1. Grenze des Therapeutensystems
  2. Grenze des Klientensystems
  3. Grenze der Therapeuten-Klientenbeziehung
  4. Grenze des räumlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen (Kontext)
  5. Grenze des gesellschaftlichen Systems

Es besteht keine Übereinkunft über Kontraindikationen, aber gewisse Einschränkungen in Bezug auf oben aufgelistete Grenzen werden gemacht wie z. B.: Depression mit Suizid wird nur bei einer flankierenden stationären und medikamentösen Therapie behandelt oder akut psychotische Schübe verlangen eine umfassende Qualifizierung des Therapeuten im Umgang mit Psychosen und die kognitive Kompetenz des Klienten, hypnotherapeutische Induktion und Suggestionen zu verarbeiten.

Themen der Lehrveranstaltung „Einführung in die Psychotherapeutischen Schulen
Therapierichtung: Hypnose und Hypnotherapie“

  • Geschichte der Hypnose und Hypnotherapie
  • Hypnotherapeutische und verwandte Schulen und deren unterschiedliche hypnotherapeutische Verfahren
  • Begriffsdefinition Hypnose und Hypnotherapie
  • Induktionsmethoden der hypnotischen Trance
  • klassische Hypnosetheorien und aktuelle Theorien und Prinzipien der Hypnotherapie
  • Strukturierung des hypnotherapeutischen Settings
  • Indikationen der klinischen Praxis mit empirisch belegter Wirksamkeit
  • Kontraindikationen der klinischen Praxis

Literaturhinweise:

Revenstorf, D.: Expertise zur Beurteilung der wissenschaftlichen Evidenz des Psychotherapieverfahrens Hypnotherapie entsprechend den Kriterien des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (§ 11 Psychotherapiegesetz). Hypnose, Zeitschrift für Hypnose und Hypnotherapie, S. 7 – 198, 1 (1+2), München, Oktober 2006.
Revenstorf, D., Peter, B., (Hrsg.): Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin. Manual für die Praxis. Springer, Berlin 2001.